Weltuntergang

Heute ist es also soweit! Heute ist der grosse Tag des Weltuntergangs. Die letzten Tage, Wochen, Monate konnte man sich dem Thema ja kaum mehr entziehen, ob man nun wollte oder nicht.

Ich für meinen Teil bin heute, dafür dass die Welt hätte untergegangen sein müssen, recht entspannt aufgestanden. Mir ist eh nicht ganz klar warum alle glauben, dass die Welt nur um 00.01 Uhr untergehen kann. Für den Weltuntergang bleibt  doch noch den ganzen Tag Zeit.

Wie auch immer, ich habe mir zu dem Thema auch so meine Gedanken gemacht und ich bin zu folgendem Schluss gekommen; die Welt kann für jeden Menschen, jederzeit unter gehen.

Da ist die Familie die ihren Vater verliert. Auf dem Arbeitsweg auf dem Fahrrad von einem Auto angefahren stirbt er nach sieben Wochen im Koma. Als an einem schönen Sommermorgen die Polizei bei der Ehefrau auftauchte um ihr die Nachricht vom Unfall ihres Mannes zu überbringen, da ist für sie ihre Welt untergegangen.

Die junge Mutter  die sich freut, dass ihr Baby am Morgen etwas länger schläft und dann fassungslos vor dem Bettchen, mit dem leblosen Körper ihres Kindes darin, steht. In diesem Moment ist für diese Mutter ihre Welt untergegangen.

Die Frau die zusammengekauert am Boden liegt und versucht ihren Körper vor den Schlägen ihres betrunkenen Mannes zu schützen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie ihm geglaubt hat, dass er sich geändert hat und einmal mehr wird ihr bewusst, dass er sich niemals ändern wird. Im Moment dieser Erkenntnis geht für diese Frau ihre Welt unter.

Der Mann, der vierzig Jahre im selben Betrieb gearbeitet hat. Jeden Tag sein Bestes gegeben hat und froh war, dass er, ein paar Jahre vor der Pension, seine Arbeit wohl nicht mehr verlieren wird. Als dieser Mann von seinem neuen, jungen, dynamischen Chef  erfährt, dass es für ihn keinen Platz mehr gibt im Betrieb, dass seine Arbeit ins Ausland gegeben wird, weil sie dort billiger erledigt wird. Für diesen Mann geht in dem Augenblick seine Welt unter.

Das junge Mädchen aus dem Ostblock, das in die Schweiz „verkauft“ wurde. Sie sollte hier für eine reiche Familie arbeiten und mit dem Geld das sie verdient ihre Familie in ihrer Heimat unterstützen.  Als sie von ihrem Zuhälter zum ersten Mal auf den Strich geschickt wurde, da ist ihre Welt untergegangen.

Die Familie aus Sri Lanka die aus ihrem Land vor dem Krieg geflohen ist. Sich in einer, für sie, völlig fremden Welt eine neue Existenz aufbauen musste, es geschafft hat und während Jahren gespart hat  um einen schönen Betrag für die Ausbildung der Kinder und als Altersvorsorge zur Seite zu legen. Als diese Familie erfahren hat, dass ein Banker ihr ganzes Geld an der Börse verspekuliert hat … in diesem Moment ging für diese Familie ihre Welt unter.

All die Menschen in den Kriegsgebieten dieser Welt, all die Menschen die heute nicht wissen ob es für sie noch ein Morgen geben wird.

All die Menschen die jeden Tag gegen Durst und Hunger kämpfen müssen und sich vielleicht manchmal wünschen würden diese Welt würde unter gehen.

All diese Menschen sehen die Welt jeden Tag ein bisschen sterben und doch erschaffen sie ihre Welt jeden Tag wieder aufs Neue.

Aus dem ganzen Gerede um den Weltuntergang nehme ich für mich vor allem etwas mit; uns allen täte es gut wieder ein bisschen besser hinzusehen. Mit offenen Augen und offenem Herzen durch die Welt zu gehen. Dann könnten wir vielleicht helfen den einen oder andern kleinen Weltuntergang zu verhindern. Auf jeden Fall könnten wir dazu beitragen, dass die bestehende Welt vielleicht ein kleines bisschen besser wird.

In dem Sinne wünsche ich Euch eine schöne, restliche Adventszeit.

Sam